NIZZA

Das Haus auf dem Hügel, zweistöckig, Teil einer Wohnanlage, man kommt durch die Garage in die darüber liegenden Wohnräume, Flur, Küche, Wohnzimmer, eine Verandafront ›gibt den Blick frei‹ auf das Meer, auf startende und landende Flugzeuge, auf die tief gelegenen Teile der Stadt. In einer solchen Umgebung entsteht, was sonst woanders entstehen würde, aber es entsteht so, wie es nur hier entstehen kann. Es geht alles in das Geschriebene ein, jemand, der ortskundig wäre, könnte leicht einen Teil der Metaphern entschlüsseln, als ›Gesehenes‹, was immer das sein mag. Mit dem Sehen hat es in diesen Tagen der Niederschrift eine eigene Bewandtnis, es ›funktioniert‹ anders als sonst, der Schreibende kennt dieses Gefühl, hart am Abgrund zu stehen, jenseits dessen die Welt sich auftut. Das ist etwas anderes als die Scheibe, die ein Innen von einem Außen trennt, das etwas kühle, aus einer anderen Zeit herrührende Interieur von dem Panorama, das ein nicht abgebrühter Blick als ›überwältigend‹ wahrnehmen würde. Eigentlich ist es stärker beim Gehen, beim Durchstreifen der Landschaft, auch wenn es kein wirkliches Streifen sei kann, weil die Versiegelung durch Privatheit den Streifenden auf einige wenige Straßen zurückwirft. Aber das kommt wenig an ihn heran, es stört nicht, im Gegenteil, denn diese Straßen sorgen dafür, dass er nicht verloren geht, sie kümmern sich um ihn während der eintretenden Absenzen. Im übrigen sind sie Ausdruck der Schroffheit der Landschaft, in der man leicht abstürzen könnte, hielten sie (mitsamt den daran klebenden Grundstücken) einen nicht fest.

Die Welt des Schreibenden ist nicht statisch gegliedert, eines schiebt sich am anderen hervor, ohne eigentliches Überraschungsmoment, aber ohne topographische Gewöhnung. Die Topographie kommt nicht an ihn heran. Wo sie sich selbsttätig darbietet, als ›Mittelgrund‹, kollidiert die Empfindung der Sicherheit, den Weg dorthin nicht zu verlieren, mit dem Gefühl des Abgrunds und erzeugt eine Unwirklichkeit des Sehens, so als blicke man in ein Fernglas oder in eine optische Vorrichtung, die ein Landschaftsbild in die Umgebung projiziert. Das liegt vielleicht daran, dass der Blick des Schreibenden nach innen geht, also einer Bewegungsrichtung folgt, die von vielen als Illusion betrachtet wird. Dem, den es angeht, bereitet die Metapher keine Schwierigkeit, den anderen bleibt sie ›ein Buch mit sieben Siegeln‹. Dass etwas in mich hineinkommt, dass es anders hineinkommt als sonst, liegt vielleicht auch an der gesteigerten Bereitschaft, es Teil der eigenen Rede werden zu lassen, sie ganz und gar davon getränkt sein zu lassen. Das hieße, etwas Zutritt zu meiner Rede zu gewähren, das sonst davon ausgeschlossen bleibt. ›Die Dinge reden durch mich hindurch.‹ Das ist eine nicht unbekannte Denkfigur, eine nicht unbekannte Rede unter Poeten. Aber die Rede ist keine Rede, sie ist nicht einmal Niederschrift, sie ist etwas zwischen dem Arrangement und der Niederschrift, die es ermöglichen soll, und die Niederschrift ist keine, die etwas niederlegen soll, was aufrecht zwischen dem Schreibenden und seiner Tätigkeit steht, frei, artikuliert zu werden, sie ist auch kein Ringen um die passenden Worte, die etwas ausdrücken sollen, womit der Schreibende sich seit längerem trägt. Der Schreibende kennt diese Wendungen, er benützt sie gelegentlich selbst, aber sie bedeuten ihm nichts.