Ein Buch, wie immer man es ansieht, ist ein Prestigeunternehmen: für den, der es schreibt, wie für den, der es liest. Für den Verlag, der es herausbringt, ist es eine Ware, die sich verkaufen soll, aber verkauft wird es über sein Prestige. Alle sind an der Herstellung dieses Produkts beteiligt: Autor, Verlag, Leser, dazu die Medien, in denen es beworben, besprochen und sogar verteilt wird. Ein Buch erwerben ist etwas anderes als sich eine Information besorgen. Ein Bücherschrank ist ein Heiligtum, ein Bücherregal Ausweis einer intellektuellen Existenz. Man kann die Frühgeschichte des Buches nicht von seinem Erfolg lösen. Ein Buch ist etwas Kostbares, ein Schundbuch eine Schändung des Buchs oder ein geheimer Schatz.
Das Buch, das in sich ein Gefüge ist, bewegt eine Maschinerie, es repräsentiert diese Maschinerie und es lebt davon, dass diese Maschinerie wirklich existiert. Das Buch lebt vom System, das es hervorbringt, so wie das System von ihm lebt. Die Arbeit des Autors bildet dieses System ab, sie schafft ihm eine interne Repräsentanz. Der Gedanke will Papier werden, er will gebunden, transportiert, verteilt, besprochen, beredet, befingert und ins Regal gestellt werden, damit irgendjemand ihn bei Bedarf hervorholt. Was ist das für ein Gedanke? Die Buchförmigkeit ist sein Begleiter, sein Schatten, sein Mit-Gedanke, der sich nicht von ihm lösen lässt, ohne ihn zu zerstören. Zu zerstören? Ist der Gedanke, dieser einfache, klare oder weniger einfache, weniger klare, scheinbar selbstbezügliche Gedanke am Ende bereits - ein Gefüge? Eine Verschwörung zur Hervorbringung eines Buches?
Natürlich will der Gedanke nichts dergleichen: das ist eine bloße Redensart. Aber in dieser Redensart steckt mehr als eine Psychologie des Bücherschreibens. Gedanken werden buchförmig gedacht, so wie Kapitel buchförmig gedacht sind: nicht in sich selbst ruhend, nicht im Spektrum ihrer Verknüpfungen ruhend, sondern bezogen auf die Maschinerie von Tätigkeiten, die das System von Herstellung, Vertrieb und Verwahrung umfasst. Diese Maschinerie sollen sie irgendwann in Gang setzen: für sich, für den Autor, für die Wahrheit oder irgendeine Abart derselben: meine Wahrheit, die Wahrheit über, die Wahrheit des Bücherschreibens selbst als einer Tätigkeit, die klar, lauter, schwierig, anstrengend und lobenswert ist.
Im Buch steckt also der Buchgedanke, im Gedanken, der Buch werden soll, ebenfalls. Man kann auch sagen, das Buch ist ein Medium. So zu reden setzt die Existenz anderer Medien voraus. Es setzt voraus, dass man das Spiel ein Stückweit durchschaut hat. Das ist nicht schwer, die Auslassungen über das Bücherschreiben füllen eine eigene Bibliothek. Wichtiger scheint die Aussage, dass das Buch ein System ist, das eine innere Repräsentanz besitzt. Worin besteht diese innere Repräsentanz? Das innere Buch, kann man sagen, ist ein Anwärter. Das Schreiben eines Buches begründet eine Art von Anwartschaft darauf, gedruckt, vertrieben, besprochen, gekauft, gelesen und in Bibliotheken verwahrt zu werden. Man kann nicht sagen, die Anwartschaft sei begründet oder unbegründet: sie ist in jedem Fall real. Der Anwärter entscheidet nicht über die Aufnahme, aber er arbeitet ihr entgegen: durch geeignetes Tun, durch geeignetes Unterlassen, durch geeignetes Sein. Der ideale Anwärter ist der Berufsschriftsteller.