FUNKTIONSELITE

Ich habe mir immer gewünscht, meine Gedanken möchten auf eine lautlose Weise in die Welt eintreten. Schwierig daran ist das Einfache: ›lautlos‹. Es bedeutet hier: ohne den Lärm, den Menschen veranstalten, um sich unter Menschen bemerkbar zu machen. Dieser Lärm wird nicht ohne Grund veranstaltet. Er dient, so sagt man, der Eigenwerbung. Wer sich vermarktet, wer sich vermarkten lässt – zuallererst von sich selbst –, verwandelt sich bekanntlich in eine Ware, er existiert also doppelt, als Ding und als ›Subjekt‹, von dem man höhnisch oder mitleidvoll behaupten darf, es beuge sich unter seine Warenfunktion und werde zu deren Befehlempfänger, einem ›subiectum‹ eben. In den einschlägigen Geschichten erscheint das Subjekt doppelt, als Untergebener und als Selbstseiendes – ein Seiendes mit einem Selbst. Die Unterwerfung ist der Schatten dieses Selbst, der Preis, den es zahlt, um – fast hätte ich gesagt: anerkannt zu werden. Aber diese Rede kommt vielleicht zu früh, zu glatt, um nicht etwas zu verbergen. Die fromme Unterwerfung dient, oberflächlich funktional betrachtet, der Anerkennung durch eine Gruppe, in der Frömmigkeit als Bindemittel fungiert. Doch natürlich bedeutet sie mehr, ein exercitium des Geistes, etwas, wodurch sich das Selbstsein modifiziert, die Geburt eines neuen Selbst, das seinen Sinn in sich selbst trägt und ihn auch dann behält, wenn die Gruppe zerfällt, vorausgesetzt, es ist nicht alles Geflunker und Selbstbetrug. Ähnlich steht es um die Selbstgesetzgebung der Vernunft: ein Selbst, das seine Selbständigkeit dem Umstand verdankt, dass es sich in den Bahnen der Vernunft bewegt, hat den Gedanken der Unterwerfung so weit zurückgenommen, dass es die Instanz, der es sich unterwirft, in sich selbst orten kann, das heißt als wesenhaft, soll heißen nicht bloß funktional mit diesem Selbst verbunden.