Zwei Begriffe der Kultur: der eine hilft hinein, der andere heraus. Im ersten Fall ist Kultur etwas Unüberblickbares, jede Handlung, die sie betrifft, führt in sie ein. Im zweiten Fall ist sie etwas Unübersehbares: jeder Versuch, über sie zu sprechen, sie zu thematisieren, klammert sie ein, erzeugt eine virtuelle Größe, die ›handhabbar‹ erscheint. Es fragt sich, ob die beiden Begriffe miteinander kompatibel sein können. Im ersten ist Kultur etwas, ›das niemals aufhört‹, das den Einzelnen übersteigt und ihn zum Menschen macht: zum Teilhabenden und Teilnehmenden an etwas, ohne das er kein oder nur ein vorläufiger, ein unentwickelter Mensch ist – ein Mensch, der nicht in Betracht kommt. Im zweiten ist Kultur etwas, das ›immer da ist‹, solange es Menschen gibt: Entäußerung, Relikt, zu dem sich Menschen verhalten. Kultur ist Identität, die verlassen wurde, um nachgeschleppt zu werden – etwas, das die Menschheit nicht los wird. Kultur ist ausgeschiedene Dauer: in diesem Exkrement dümpelt die Menschheit und in der Menschheit das Menschsein. Es überdauert nicht, es ist auch nicht ›auf Dauer gestellt‹, es ist nur Dauer, unbestimmtes Etwas, das sich in toto ›ins Gedächtnis rufen‹ lässt, während die Details verdämmern. Hier kommt das Einzelleben nicht in Betracht, es verschwindet, sobald diese Seite des Gedächtnisses aufgeschlagen wird. Das kulturelle Gedächtnis kennt nur einen Einzelnen: Pharao, d.h. die Spitze eines Weltzustands. Das kulturelle Gedächtnis ist eine ägyptologische Erfindung.