Wie jede Weltanschauung tendiert auch der Funktionalismus zu etwas, das die Menschen als Vergröberung wahrnehmen, als Niveauabsenkung, als Weg des geringsten Widerstandes oder der einfachst denkbaren Verbreitung. Einmal beiseitegesetzt, ob das Phänomen damit richtig beschrieben wird: die Tatsache, dass es das beschriebene Rattenloch, genannt Literatur, wirklich gibt, könnte Anlass geben, der primären Vergröberung nachzugehen, die in der funktionalistischen Begrifflichkeit selbst liegt. Damit meine ich nicht jene eingeschliffene Korrektur der Bauhausästhetik, die darauf hinausläuft, dem verjährten Grundsatz form follows function ästhetische Unterbestimmtheit nachzuweisen. Das sind Exerzitien für Designer, in der Sache mehr oder minder subtile Auffächerungen eines ›ästhetisch‹ genannten Funktionsspektrums. Das vergangene Jahrhundert hat den Funktionsgedanken, diese einstmals aufregende theoretische Neuerung, unter ein enormes Vergrößerungsglas gelegt, so dass wir heute, ohne uns besonders anzustrengen, vielleicht mehr sehen, als ihm gut tut. Für die Literatur bedeutet das: der Kontingenzgedanke, dem zufolge es gleichgültig ist, welches Element – in diesem Fall: welches Einflussmedium – eine Funktion ausfüllt, vorausgesetzt, sie wird überhaupt ausgefüllt, wendet sich – und zwar in verheerender Weise – gegen sie, sobald klar wird, dass jede Funktion, die man auffährt, um ›Literatur zu erklären‹, von anderen Medien direkter, prompter, umfassender, beeindruckender, systemadäquater bedient werden kann und auch wirklich wird. Darin besteht unsere Situation. Sämtliche Funktionen, die für sie bemüht werden, zeugen in Wahrheit gegen sie. Und diese Situation existiert bereits ziemlich lange. Sie hat sich aber im Zuge der medialen Entwicklungen drastisch verschärft. Wie um die These zu besiegeln, hat man sich am Ende entschlossen, die dümmste, inhaltsloseste, sinnfernste aller Funktionen, die der Erhaltung des Buches – und damit der Buchproduktion und des Buchhandels –, zur vordringlichen Aufgabe der Literatur zu erklären.