Wenn mir eines Tages ein Manuskript auf den Schreibtisch segelt, aufgegeben von einem Menschen, den ich zu kennen glaubte und den ich jetzt als eine ganz und gar fremde Person erlebe, als ein Schreibe-Ich, das im Leben so nicht anzutreffen war, dann muss ich mich nicht weniger dazu verhalten als zu einer realen Person, mit der ich nachmittags Kaffee trinke, auch wenn mir der Sinn eher nach einem Waldspaziergang steht. Ich muss mich verhalten, denn ich verhalte mich auch dazu, wenn ich die Annahme verweigere oder nach zwei, drei Sätzen die Lektüre beschließe. Natürlich kann ich immer behaupten, ich sei nicht interessiert. Ich kann den Blick vor dem anderen senken, als sei es vorhanden und nicht vorhanden zugleich. Ich kann, aber ich muss nicht. Ich kann, wenn ich mich einlasse, den nächsten Schritt tun und mich fragen, was geschähe, wenn ich den Text annähme, wenn ich aus ihm eine Art Ur-Text entnähme, der eine Zeitlang meine eigene Bewegung bestimmt, natürlich nicht in einem handfesten Sinn, aber doch merklich, in meiner Art zu denken, zu sehen, zu empfinden, die Dinge zu stellen. Wäre ich damit das Opfer eines sinistren Spiels? Oder wäre ich mehr geworden, ein anderer, sehenderer, vielleicht, auch wenn es den Nietzscheaner schaudert, ein besserer Mensch?