Der Blick in ein Kaleidoskop ähnelt dem Blick in ein Fernrohr oder ein Mikroskop – im Normalfall findet nur ein Betrachter vor der Sehöffnung Platz. Er ist also mit dem Objekt der Betrachtung allein, jedenfalls für die Zeit des Betrachtens. Um den Anblick mit einem zweiten Betrachter zu teilen, muss er ihn aufgeben, jedenfalls für die Zeit, die der andere benötigt, um ebenfalls hinein‑ oder hindurchzusehen. Das Risiko, dass der andere die Anordnung verändert, um etwas anderes zu sehen, ist immer gegeben, beim Kaleidoskop genügt eine geringe Unachtsamkeit, eine Bewegung im Bereich zwischen gewollt und nichtgewollt, um den Anblick, den man teilen wollte, auch für einen selbst auszulöschen. Will man ihn denn teilen? Die Unruhe, der andere könnte nicht sehen, was man ihn gern sehen lassen möchte, er könnte darin etwas anderes erblicken, etwas weniger Sensationelles, weniger Reiz- oder Bedeutungsvolles, ist durch die Art des Blicks gegeben, den man selbst darauf wirft, durch die radikale Vereinzelung dieses Blicks, der nicht geteilt wird, der nicht geteilt werden kann, es sei denn, man verwendet einen anderen Gerätetypus, der dergleichen erlaubt. Der Anblick, von dem ich weiß, dass er nur mir in diesem Augenblick zuteil wird, ist kostbar und fragil auf Grund dieser Auszeichnung. Man gibt ungern ab, solange man nicht weiß, ob die Gabe den anderen überhaupt erreicht und er sie zu schätzen weiß, vor allem, wenn sie bei dieser Operation leicht verloren geht. Ist ein Anblick eine Gabe?