Es gibt eine Idolatrie der Sprache und der Schrift, die davon profitiert, dass sich beide Seiten, die schreibende wie die lesende, auf einen Schweigepakt eingelassen haben. Es steht dem Schreibenden frei, welche ›Poetik‹ er vertritt, Hauptsache, er schreibt. Das ist das Thema der Literatur, besser: der Befassung mit Literatur, zu der alle Fraktionen das ihre beisteuern können. Ob das Ihrige oder das Irrige, bleibt in diesem Fall fast dasselbe, da die Poetik in jedem Fall als Lückenbüßer fungiert. Es ist wenig mehr als untergeschobene Absicht, was da zutage tritt. Absichten divergieren, das lässt sich nicht vermeiden. Eine Poetik haben, dieser oder jener Poetik verpflichtet sein, ihr zu folgen, darin liegt eine Verwandlung des Problems, die sich nur schwer vermeiden lässt. Ein Kreuzritter, der für seinen Gott kämpft, statt über ihn nachzudenken, verhält sich kaum anders als ein Schriftsteller, der sich einer Poetik oder Poetologie verpflichtet weiß. Natürlich denkt er über ihn nach, aber als Gefolgsmann, als nachgeordneter Waffenträger in einem feudalen System, in dem jeder seinem Herrn folgt. Man denke an einen Mathematiker, der für seine Mathematik kämpft, usw. Das Vertreten von Positionen folgt Regeln der Repräsentation, des für etwas Einstehens, des für-anderes-Stehens, das seinen Gegenstand in den Gegenstand einer Politik verwandelt. Ein vertrautes Wort aus Studententagen: »Die Philosophie ist kurz, es kommt darauf an, sie durchzusetzen.« Warum soll, was in der Philosophie funktioniert, nicht auch in anderen Bereichen ›geistiger Tätigkeit‹ funktionieren? Es funktioniert ja auch, aber auf Kosten der Sache, an der etwas verdeckt bleibt, etwas Kleines oder etwas Großes, je nach Blickwinkel.