Das Bewusstsein, an einem Abgrund zu stehen, durch einen Abgrund von allem getrennt zu sein, was einen umgibt, und zugleich von ihm eingenommen zu werden, nennt man gelegentlich existenziell. Das ist seltsam, da es nicht ins Leben, sondern ins Schreiben emaniert. Die Existenzialisten waren Schriftsteller oder Schwätzer, also Nachahmer von Schriftstellern. Das Bedürfnis, ihrer unspektakulären Lebensweise eine Aura von Gefahr zu verleihen, verdankte sich vielleicht dem großen Morden, dem sie entronnen waren, und der Konkurrenz mit Leuten, die drastischere Situationen bestanden hatten. Trotzdem signalisiert jeder Abgrund eine Art von Gefahr. Er schärft die Sinne. Es wäre also die Frage, was die Rede vom inneren Abgrund meint. Dabei ist das Adjektiv bereits interpretierende Zutat. Eher wäre es der Abgrund von Innen und Außen, der sich dabei auftut. Dieser Abgrund wiederum ist ›innen‹, das heißt durch Beobachtung nicht zugänglich. Es ist nicht die Distanz, die Beobachter und Beobachtetes voneinander trennt. Distanz kann als Scheibe wirken, als verundeutlichender Vermittler, wobei nicht ganz klar wird, was ›deutlich‹ wäre. Diese hier kommt aus dem Verlorensein, sie spinnt sich aus ihm heraus, sie verdankt sich dem Spiel des fluiden Etwas, das plötzlich etwas bekommt, von dem es sich nie hat träumen lassen, falls Träume das sind, womit es sich ansonsten die Zeit vertreibt: Aufmerksamkeit. Wer ihm nachgeht, kommt – irgendwann, vielleicht – unversehens an den Rand einer unwirklich flimmernden Ebene, die zu durchqueren kein bekanntes Mittel tauglich erscheint. Jenseits scheint alles greifbar und besitzergreifend. Diese Ebene ist der Abgrund.