Man wird die Seite nicht los, weil man das Buch verabschiedet hat. Aber sie wird etwas radikal anderes: Aufführungsort einer Gedankensequenz, die auf ihr so oder so zu einem Ende kommt. Der Übergang von einer Netzseite zur anderen, mechanisch ebenso leicht, wenn nicht leichter zu bewerkstelligen als im Buch, ist nicht intermittierend, sondern partizipativ: der Leser, die Leserin realisiert, und zwar unmittelbar, dass die Sequenz zu Ende ist und eine neue bevorsteht. Die Seite wird zum Solo – eine Stimme zieht im Konzert der Gedanken die Aufmerksamkeit auf sich, sie lässt die anderen schweigen und tritt wieder zurück, um der nächsten Raum zu geben. Wer ans Fortschreiben gewöhnt ist, stößt hier an eine Grenze: so kann man keine Bücher schreiben. Wirklich, man kann es nicht, also sollte man es auch nicht versuchen. Was man kann, ist etwas anderes. Man kann, zum ersten Mal in der Geschichte der Schrift – jedenfalls ihrer westlichen Spielart –, das System der Übergänge komponieren, das heißt, eine kristalline Struktur schaffen, die genuine Leseeinheiten umfasst und nicht nur jene zweifelhafte Kapitelstruktur, die die Literatur der Wissenschaft und letztlich den Sammlungen religiöser Bücher abgeschaut hat. Etwas vom Gesang der Rhapsoden, etwas vom rhythischen Thema der Cantos Ezra Pounds kehrt damit in die Prosa ein, das dort bislang nicht zu finden war, es sei denn in intimen Aufzeichnungen, die eher zufällig den Weg zwischen zwei Buchdeckel fanden. (In diesem Sinn verspricht der Nachlass eines Schriftstellers manchmal eine anregendere Lektüre als das Werk.) Die enge Wendeltreppe des Buchs, seine ›künstliche‹, einer technischen Nötigung entspringende Geschraubtheit mit ihren manieristischen Anmutungen, die von Jean Paul so trickreich in die eigene Erzählweise umgesetzt wurde, weicht, technisch gesehen, einer Anlage, in der jeder Übergang ›eingesehen‹ werden kann und zum Verständnis des Ganzen beiträgt – gleichgültig, ob man das ›Thema‹ in einem mehr diskursiven oder mehr musikalischen Sinn auslegt. So etwas will gestaltet werden.