Eine einfache Weise des Spiels ist das Herumgeschicktwerden. Ein Spieler muss einen Ort aufsuchen, sich dort eine Information abholen und ihr folgen usw. usw., bis etwas eintritt, womit er nicht gerechnet hat oder was ihn vom Immerweiter erlöst, möglicherweise gewinnt er dabei, aber das ist nicht gewiss, denn sonst gewönne ja jeder. Das Gewinnen gehört zu dieser Art Spiel und unterscheidet sie von der bloßen Foppung, die auch ein Spiel darstellt, aber ein übles. Ein Text kann einen Leser ohne weiteres schicken, und sei es auf die Suche nach einer Fußnote, einem bibliographischen Eintrag oder, in elaborierteren Fällen, nach Apparateinträgen und Kommentaren. Er kann ihn auch in die Irre schicken – mit mangelhaften oder Fehlinformationen. Doch das ist, streng genommen, kein Spiel. Warum nicht? Der Leser kann es auch lassen und einfach weiterlesen, ohne den Sinn des Textes deshalb zu verfehlen. Bestenfalls verzichtet er auf Ergänzungen, schlimmstenfalls auf zeitraubende Irrläufe. Text und Paratext bleiben getrennt, sie verhalten sich auch nicht zueinander wie Spielanleitung und Spielmaterial, sondern wie Information und Zusatz- oder Metainformation. Gut möglich, dass ein Leser, der allen Lesehinweisen eines gelehrten Textes folgt, dabei etwas gewinnt, jedenfalls wäre es ihm zu wünschen. Aber er gewinnt nicht – jedenfalls in keinem Spielsinn.
Dennoch liegt hier der Hase im Pfeffer. Mit Texten spielen bedeutet, die primäre Leseanordnung zu verlassen, das Nacheinander der Sätze, Wörter, gelegentlich auch Buchstaben, an einer oder mehreren Stellen zu verlassen, um an anderer Stelle weiter zu lesen. ›Poetische‹ Spieltexte fordern ein solches diskontinuierliches oder nichtlineares Lesen heraus oder legen es durch optische Anordnung nahe. Man hat in einem solchen Verhalten eine experimentelle Einstellung gegenüber der Sprache, dem Sprechen und der Erzeugung von Sinn mittels Wörtern erblicken wollen. Das Problem dabei besteht in der Verteilung von Willkür und gewünschtem Effekt. Der Leser erfährt nichts über das Lesen, was er nicht schon im voraus weiß, und er erfährt lesend nichts, von dem er nicht wüsste, dass es mechanisch generiert, also von minderer Bedeutung ist. Der auf seine Willkür angewiesene Leser ist also ihr erstes Opfer: er kann, was er treibt, an jeder Stelle auch lassen. Es macht keinen Unterschied.