Am Anfang des Experiments steht die Macht selbst, vorgestellt als anonyme, verteilte, informelle und das Individuum aus sich selbst heraus integrierende Größe. Das Lesespiel, insofern es in das ›normale‹ Leseverhalten eingreift, es steuert, Entscheidungsspektren vorgibt, Entscheidungen erzwingt und ihre Ergebnisse für den weiteren Lesevorgang verbindlich macht, lässt die Dynamik der Region erahnen und erfahren, je nachdem, wie weit sich ein Spieler darauf einlässt und einstellt. Natürlich bleibt diese Wahrnehmung von Macht weitgehend abstrakt, solange sie nicht durch entsprechende inhaltliche Komponenten gestützt und gelenkt wird; in dem Stadium der Konkretion ähnelt sie mehr der ›Macht‹ über ein manipulierbares Gerät, wie sie ein Spieler an einem Automaten empfindet. Zweifellos handelt es sich beim Lesespiel ein Stückweit um einen solchen Automaten. Ich habe etwa die Wahl zwischen fünf weiterführenden Positionen, ich muss eine wählen, wenn ich weiterlesen will, also wähle ich eine, um gewählt zu haben – aus einer Vorliebe, einem Instinkt, einer klaren Distinktion heraus oder blind. Ich habe gewählt und lese weiter: das Lesematerial hat sich an dieser Stelle formiert und läuft durch bis zur nächsten Entscheidungsposition. Die Empfindung, womöglich falsch gewählt zu haben, mich um eine Variante, eine Pointe, eine Version gebracht zu haben, wird zum stehenden Begleiter dieser Art von Lektüre und macht das erhaltene, immerfort anwachsende Resultat wechselweise kostbar und wertlos, vielleicht sogar zu einem Faktor, der mich bedrückt, weil das Muster der Selektion und des Selektiertwerdens die Erinnerung an Lebensprozesse aufruft oder verstärkt. Das ist nicht Macht, aber eine bestimmte Weise, sie wahrzunehmen und wahrzuhaben.